
Nicht jeder mochte diese Safariwitze.
Mit einem Tweet hat das Bundesaußenministerium unter Führung von Bundesaußenministerin Annalene Baerbock (42, Grüne) in Afrika für diplomatische Unruhe gesorgt.
Anlässlich des Besuchs des russischen Außenministers Sergej Lawrow (72) in Afrika twitterte das Außenministerium von Baerbock am Dienstag auf Englisch:
„Der russische Außenminister Lawrow ist in Afrika, nicht in der Nähe [Leoparden] sondern offen zu behaupten, dass ukrainische Partner ‘alles Russische zerstören wollen’.” Lawrows „Beweise“ werden in den nächsten paar Tweets präsentiert.
Das Leoparden-Emoji – das sich nicht auf die in Afrika lebende Großkatze bezieht, sondern auf leopardenartige Panzer – sorgte in der Afrikanischen Union nicht für Belustigung, sondern für Empörung!
Die AU ist ein Zusammenschluss von 55 afrikanischen Staaten. Dessen Präsident Moussa Faki Mahamat (62) traf sich mit Baerbock erst Mitte Januar in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba, dem Sitz der AU.
Ebba Kalondo, die Sprecherin von Faki Mahamat, twitterte am Mittwoch verärgert über die Ankündigung des Leoparden: „Hallo DeutschlandDiplo (Account des Auswärtigen Amtes, Anm mit der Deutschland bilaterale diplomatische Beziehungen unterhält. Ist sie gekommen, um die Tiere zu sehen? Oder ist der afrikanische Kontinent, seine Menschen und Tierwelt für Sie nur ein Witz?”
Afrika nur ein Witz für den deutschen Außenminister?
Kalondos Hinweis auf „gegenseitige“ diplomatische Beziehungen sollte als Mahnung gelesen werden, dass afrikanische Länder für Deutschland gleichberechtigte Partner sind – kein Safari-Klischee.
Afrikanische Politiker und Diplomaten reagieren oft empfindlich, wenn gerade westliche Politiker ehemaliger Kolonialmächte diese Ebene (angeblich) von Angesicht zu Angesicht verlassen.
Auswärtiges Amt entschuldigt sich für afrikanische Tweets
Besonders schade: Das Auswärtige Amt hat nach seinem ersten Tweet einen zweiten Witz getwittert. Darin listete er keine „Beweise“ für Lawrows Lügen auf, sondern schrieb: „Es gibt keine.“ [Beweise]’ – ‘geschmückt’ mit einem Stück leerer Wüste.
Für die einen ein harmloses Internet-GIF, für die anderen ein abwertendes Afrika-Klischee.
Einen Tag später entschuldigte sich das Auswärtige Amt für die Tweets: Man wolle die Lügen verurteilen, mit denen Russland “einen imperialistischen Angriffskrieg gegen die Ukraine rechtfertigt”.
Kalondo antwortete einfach: „Entschuldige dich nicht. Sei einfach vorsichtig. Und respektiere uns, wie wir dich respektieren.“ Außenpolitik „ist weder ein Witz, noch sollte sie verwendet werden, um billige geopolitische Punkte zu erzielen, indem sie einen ganzen Kontinent mit kolonialen Tropen zu irgendeinem Thema illustriert“.
Anderen fehlte es auch an Sensibilität
Und Baerbocks Parteikollege Robert Habeck (53, Grüne) zeigte sich bei seinem jüngsten Afrika-Aufenthalt nicht empfindlich – zumindest fühlte es sich in einigen Fällen so an.
Dass Habeck in Namibia, wo Deutschland den sogenannten grünen Wasserstoff bekommen will, skeptisch gegenüber der Erschließung neu entdeckter Gas- und Ölvorkommen im Land war, sorgte bei den Vertretern der ehemaligen Kolonie für Stirnrunzeln. Sie setzen große Hoffnungen in ihre Entdeckungen.
Jegliche Hinweise, die als Vermischung verstanden werden, laufen Gefahr, als „neokolonial“ interpretiert zu werden. Alles in allem wurde Habecks Besuch sehr positiv aufgenommen, aber solche Kleinigkeiten, die für Europäer vermeintlich klein sind, registrieren genau das.
Wenige Monate zuvor war auch aufgefallen, dass Habeck gegenüber Namibias selbstironischem Präsidenten Hage Gottfried Geingob, 81, zunächst zu zerknirscht wirkte – möglicherweise wegen deutscher Kolonialschuld. Auch unter Staatsmännern schwindet schnell die Augenhöhe.
Die Beziehungen zwischen Deutschland und ehemaligen Kolonien sind sensibel
2018 sorgte Norbert Lammert (CDU), Präsident der Konrad-Adenauer-Stiftung, in Namibia für diplomatisches Aufsehen. Zu offen sprach er mit Namibias Präsident Geingob über die grassierende Korruption und den wachsenden Einfluss Chinas im Land. Er verbot Einmischung. Er „war keine Marionette“, sagte Geingob.
In der benachbarten Republik Südafrika lobte Habeck während seiner Afrikareise die „Energiewende“ und die Abkehr von fossilen Brennstoffen beleidigend als richtigen Weg. Teilweise zur Unzufriedenheit der Kommunalpolitiker. Solche deutschen Gewissheiten sind hier nicht unwidersprochen, manche sehen darin sogar einen erfolgsversprechenden Irrweg. Im kohleproduzierenden Südafrika wächst die Skepsis, dass Deutschland dem Land beim Kohleausstieg “helfen” wolle, aber wegen Deutschlands Energieproblemen gleichzeitig große Mengen Kohle selbst importiere.