Außergewöhnliches Infektionsgeschehen: Mehr als jeder Zehnte Deutsche ist erkrankt

Mehr als jeder Zehnte ist krank
Eine beispiellose Krankheitswelle überrollt Deutschland

Von Martin Morcinek, Christoph Wolf und Laura Stresing

Im dritten Pandemiewinter erlebt Deutschland eine beispiellose Fallwelle. Die RKI-Daten zeigen: Die Zahl der Atemwegsinfektionen bereits zu Beginn der kalten Jahreszeit übersteigt bei weitem das saisonal übliche Maß. Doch Corona spielt eine unterstützende Rolle.

Volle Hausarztpraxen, halbleere Praxen, katastrophale Zustände in Krankenhäusern – die aktuelle Krankheitswelle erfasst das ganze Land. Es geht nicht nur um ausgefallenen Unterricht an Schulen, geschlossene Kindergärten oder arbeitsfreie Tage. Personalengpässe bedrohen auch den Betrieb in systemrelevanten Bereichen. Mediziner warnen seit Wochen vor einer dramatischen Überlastung des deutschen Gesundheitssystems.

Bei akuten Atemwegserkrankungen – also Erkrankungen, die sich mit Husten, Halsschmerzen und/oder Fieber äußern – stieg die Zahl der gemeldeten Fälle nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) Mitte Dezember weiter an. Die anhand von Angaben aus der Bevölkerung geschätzte Erkrankungsrate überschritt bereits Ende November die Grenze von 10 Prozent.

Bis Mitte Dezember, die ARE-Rate stieg auf 11,0 Prozent. RKI-Experten schätzen, dass rund 9,3 Millionen Menschen in Deutschland von der Krankheit schwer betroffen sind: Mehr als jeder zehnte Teilnehmer der Online-Umfrage „GrippeWeb“ war zu Beginn der aktuellen Erkältungssaison bereits erkrankt. Das RKI spricht von einer „deutlich steigenden Tendenz“. Da die üblichen Nachmeldungen der letzten Wochen noch ausstehen, dürfte die wahre Quote höher liegen.

Das RKI betont, dass der Indikator bereits „deutlich über dem Wert des Vorjahres“ und auch deutlich über den vorpandemischen Erfahrungswerten liege. „Aktuell übertrifft der sehr hohe Wert sogar die Maximalwerte, die bei starken Grippewellen erreicht wurden“, sagen Gesundheitsexperten.

Extrem schwere Infektion

Die Abkürzung ARE steht im Fachjargon für „akute Atemwegserkrankungen“, also Infektionen der Atemwege unabhängig von der Art des Erregers. Hinter den hohen Infektionszahlen stecken Grippefälle, aber auch Infektionen mit RS-Viren oder meist deutlich harmloseren Rhinoviren. Die Infektionswelle, die im dritten Pandemie-Winter an Fahrt gewonnen hat, wird nur wenig von Coronavirus-Infektionen getrieben.

Die Masse der Infektionen ist nach den vorliegenden Daten auf das außergewöhnlich starke und extrem frühe Auftreten von Influenza- und RS-Viren zurückzuführen, die in der Bevölkerung zirkulieren. Auffällig ist, dass die Zahl der Grippefälle in diesem Jahr deutlich früher und schneller zugenommen hat als in den Vorjahren. Ähnlich verhält es sich mit der RSV-Welle, die vor allem bei Kleinkindern lebensbedrohliche Erkrankungen hervorrufen kann.

Andererseits liegt die Covid-Erkrankungsrate bisher deutlich unter dem Niveau der beiden vorangegangenen Jahre: Mit einer ARE von 11,0 Prozent verzeichnet Deutschland nun insgesamt rund 11.000 Infektionsfälle pro 100.000 Einwohner – Influenza, Corona, RSV, Rhinoviren und andere begrenzte Krankheitserreger . Das RKI wiederum gibt den auf vergleichbarer Basis berechneten wöchentlichen Covid-Index für Anfang Dezember auf dem Niveau von „etwa 0,2 Prozent“ an, was etwa 200 Fällen pro 100.000 entspricht. Bewohner. Zum Vergleich: Im Vorjahr lag die Covid-Rate in der Vergleichswoche (Woche 48) bei 0,5 Prozent.

Anhand von Labordaten kann das RKI abschätzen, welche Erreger derzeit das Infektionsgeschehen antreiben. Diese sogenannte „virologische Überwachung“ gibt jedoch nur ein sehr grobes Bild der Lage wieder: Bei der letzten Stichprobe von knapp 300 analysierten Fällen enthielten mehr als die Hälfte der analysierten Proben (55 Prozent) echte Influenzaviren und etwa 18 Prozent hatten echte Grippeviren. Respiratory Syncytial Virus oder RSV. Rhinoviren, die normalerweise harmlose Erkältungssymptome verursachen, konnten nur in sieben Prozent der Proben nachgewiesen werden. Coronaviren vom Typ Sars-CoV-2 machen derzeit nur drei Prozent aus.

Wie sich die gesundheitliche Situation in Deutschland über den Winter entwickeln wird, ist noch völlig offen. Grippewellen erreichen ihren Höhepunkt meist erst gegen Ende der Erkältungssaison im Februar. Und mit der Coronavirus-Pandemie ist die Gefahr noch nicht vorbei. Zuletzt sind auch hier die Fallzahlen deutlich gestiegen.

Erkältungssymptome? Quarantäne!

Deshalb appelliert das RKI seit Wochen, den bekannten Empfehlungen zur Gesundheitsvorsorge zu folgen und die Vorteile von Covid-19- und Influenza-Impfungen in Anspruch zu nehmen. Die Stärke der Infektionswelle hänge vor allem vom „Verhalten der Bevölkerung und der gegenseitigen Rücksichtnahme“ ab.

Wer sich krank fühlt, solle daher drei bis fünf Tage zu Hause bleiben und „bis sich die Symptome deutlich bessern“, bei Symptomen wie Schnupfen, Halsschmerzen oder Husten ggf. Kontakt mit seiner Hausarztpraxis aufnehmen und sich an eine Kontaktbeschränkung wenden –“ unabhängig vom Impfstatus und auch bei negativem Covid-Schnelltest”, wie das RKI klar feststellt.

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