Favoriten der Woche: Wer widersteht, hat kein Smartphone – Kultur

Moulin Rouge in Köln: Eine Party für Erschöpfte

Dass 2022 noch ein paar Wochen dauert, ist eine Zumutung, die nur Köln verkraften kann. Insbesondere das Musical „Moulin Rouge“ am Broadway, das dort gerade anlief. Treten Sie ein, betreten Sie den neuen Dom am Rhein, fotografieren Sie die spektakuläre Landschaft (wenn Sie widerstehen, haben Sie kein Smartphone), setzen Sie sich, vergessen Sie die Welt. “Moulin Rouge” basiert auf dem gleichnamigen Film mit dem gleichnamigen Nachtclub, voulez-vous couch avec moi? Paris, 1899, die Bohème Montmartre, zwei Männer kämpfen um den Hausstern, das Haus kämpft gegen den Bankrott, alles blendet, schnell, wild. Und wahnsinnig viele Songs aus 160 Jahren Popgeschichte wurden mit bestem Humor umgeschrieben und in die Geschichte eingewoben: Offenbach, Rihanna, Madonna, David Bowie, Sia. Eine Party für die, die zu schwach zum Tanzen sind, çe soir. Laura Herreiter

Auch Lesen :  Industrie kämpft für digitale Hauptversammlung - Wirtschaft

Künstlerische Aktion: Bäume ohne Grenzen

Favoriten der Woche: Das diesjährige Messemotto "Sichere Kunst"wo die Arbeit bis Ende Oktober gezeigt wurde, zu lesen: "Wissenschaft von der Erde".

Das diesjährige Motto der Ausstellung „Art Safiental“, bei der die Werke noch bis Ende Oktober zu sehen waren, lautete: „Von Grund auf lernen“.

(Foto: Art Safiental, Julius von Bismarck; VG Bild-Kunst, Bonn 2022)

Die Baumgrenze in den Alpen liegt bei etwa 2.000 Metern über dem Meeresspiegel. Es ist mit bloßem Auge sichtbar; er zieht sich als horizontale Linie durch die Berge, über der keine Bäume mehr wachsen. Allerdings sagt er nicht die Wahrheit. Die Erde erwärmt sich nun so schnell, dass die Vegetation mit ihrer Anpassungsfähigkeit nicht Schritt halten kann, wodurch die sichtbare Baumgrenze längst veraltet ist und den Zustand von vor mehreren Jahrzehnten aufweist. Die echte Baumgrenze ist jetzt viel höher.

Deshalb hat der Künstler Julius von Bismarck für die Freilichtausstellung „Art Safiental“ im schweizerischen Safiental eine Lärche aus dem Tal genommen und sie auf 2.370 Meter Höhe verpflanzt, um zu zeigen, wie weit sich die Grenze bereits nach oben bewegt hat. Wie hoch die Höhe heute ist, weiß niemand genau, 370 Meter sind eine sachkundige Schätzung. Sicher ist nur, dass der Alpenwald in seiner jetzigen Form nicht mehr lange überleben wird und wenn man ihn retten wollte, müsste man ihn mehrere hundert Meter höher versetzen. Niemand hat Zeit, weitere vier Millionen Jahre zu warten, bis sich die Vegetation an die klimatischen Bedingungen angepasst hat. Aus landschaftsarchitektonischer Sicht ist die Neubepflanzung also eine Pionierleistung.

Wenn es darum geht, das öffentliche Bewusstsein für den Klimawandel zu schärfen, erscheinen Kunst und Aktivismus in letzter Zeit eher unvereinbar. Sie sind unmittelbare Nachbarn. Beide agieren im Bereich der Bildgestaltung und beide glauben, dass die Ikonografie des Bestehenden nicht ausreicht. Während Aktivisten vor allem einwenden, Kunst lenke vergeblich vom Wesentlichen ab, schafft Julius von Bismarck Bilder, die neue Zustände aufzeigen. Land Art, Landschaftsarchitektur und klimainduzierte Waldarbeit können sich als Betätigungsfelder für die neue performative Avantgarde erweisen. Genau 40 Jahre nachdem Joseph Beuys im Rahmen seiner „Stadtverwaldung“ 7.000 Eichen in Kassel gepflanzt hat, ist dieser Baum wieder zu einem wichtigen Symbol in der zeitgenössischen Kunst geworden. Feliks Szczepan

Popmusik: 50 Jahre progressive Band „Banco“ aus Italien

Favoriten der Woche: Francesco Di Giacomo, Sänger "Banco del Mutuo Soccorso"1985 beim Sanremo Music Festival.

Francesco Di Giacomo, Sänger der “Banco del Mutuo Soccorso”, beim Musikfestival von Sanremo im Jahr 1985.

(Foto: imago / Leemage)

Komplizierte Rhythmen, ausladende Instrumentalpassagen, schmelzende Melodien: Wer die großartige Musik der italienischen Ära des Progressive Rock erleben möchte, sollte die ersten beiden Alben lesen Banco del Mutuo Soccorso Zuhören. Sie erschienen vor genau 50 Jahren, im heiligen Fortschrittsjahr 1972 – Wunderwerke überschäumender Ideen. Hier blüht die weitgehend vergessene Musik dieser Epoche auf: Die Synthesizer der beiden Brüder und Gründer der Band, Gianni und Vittorio Nocenzi, erzeugen einen atemberaubenden Sound, doch zwischen den hochfrequenten Orgelklängen kombiniert Banco vor allem klassische Musikinstrumente das damals oft benutzte Cembalo. Beide Alben treiben den Hörer an die Grenze des Erträglichen, etwa im 14-Minuten-Track „L’evoluzione“ auf dem Konzeptalbum „Darwin“ – doch dann, wie auf einer Lichtung im dunkelsten Wald, plötzlich eine schöne Melodie bricht aus den Büschen. Und über allem erhebt sich die leidenschaftliche, fast melodramatische Stimme von Francesco Di Giacomo – so emotional und samtig, wie es noch kein englischer Contest-Sänger je hatte. Langeweile kommt bei Banco bis zum Schluss nicht auf. Markus Hoch

Comic: „Lucky Luke“ für Vegetarier

Wochenfavoriten: Achdé, Juli: Lucky Luke.  Arche von Rantanplan.  Aus dem Französischen übersetzt von Klaus Jöken.  Egmont Verlag, Berlin 2022, 48 Seiten, weich 7,99 Euro, hart 14 Euro.

Ahde, Juli: Lucky Luke. Arche von Rantanplan. Aus dem Französischen übersetzt von Klaus Jöken. Egmont Verlag, Berlin 2022, 48 Seiten, weich 7,99 Euro, hart 14 Euro.

(Foto: Egmont Verlag)

Was wäre der Wilde Westen ohne Cowboys, Rinderherden und Steaks! Im neuen „Lucky Luke“-Band „Rantanplans Arche“ (Egmont Verlag) wird das Realität, und Cattle Gulch – ein unscheinbares Städtchen im Westen, wo geritten und Kühe gefressen werden – wird Veggie Town, ein Ort, wo Menschen dort bedroht werden sind Galgenfleischfresser. Wie ist das möglich? Rantanplan, ein Hund, der bekanntermaßen dümmer als sein Schatten ist, brachte einem örtlichen Tierschützer unerwarteten Reichtum, indem er einen Goldklumpen fand, bevor er zweifelhafte Unterstützung von verzweifelten Vegetariern fand.

Der Drehbuchautor Julien Lucien Berjeaut alias Jul und der Illustrator Hervé Darmenton alias Achdé bemalen eine vegane Weste in brillanten Farben. Die Kartenklinge ist nicht mehr geteert und gefiedert, sondern geteert und belaubt, und der Trapper, traditionell in Felle gekleidet, ist der Haut ausgesetzt. Als Kuhhirte und Fleischfresser, dessen bester Freund sein Pferd Jolly Jumper ist, hat die Titelfigur Lucky Luke eine im Grunde ambivalente Haltung gegenüber Nutztieren. Dennoch kann er nicht daneben stehen und zusehen, wie eine Gruppe vegetarischer Söldner (mit den Namen Artichoke Jim, Quinoa Bob und Tofu Sam) die Bewohner der Westernstadt terrorisiert.

Der Tugendterror im Comic erinnert an den umstrittenen Last Generation Klimaprotest, doch so ernst sollte man die Lautstärke nicht nehmen. Aber es ist sicherlich ein Anliegen für den Tierschutz, sei es nur für die liebevollen Zeichnungen einer Schildkröte, eines Kojoten oder eines sprechenden Papageis, Kühe, Pferde oder eines Bären – alle Tiere werden liebevoll als Individuen dargestellt. Neben dem Tierschützer Ovide Byrde beziehen sich die Autoren auch auf Henry Bergh, den Gründer von Amerikas erstem Tierschutzverein. In Deutschland erscheint der Band in Kooperation mit dem Deutschen Tierschutzbund. Immerhin darf er auf der letzten Seite um Spenden werben – schließlich sind wir nicht in Veggie Town – nicht das Ziel. Martina Knoben

Classic CD: Schikaneders Musikwerkstätten

Favoriten der Woche: Der Bariton Konstantin Krimmel nimmt Werke aus der Musiktheaterfabrik von Emanuel Schikaneder unter die Lupe.

Der Bariton Konstantin Krimmel untersucht Werke aus der Musiktheaterfabrik von Emanuel Schikaneder.

(Foto: Alpha Classics)

Emanuel Schikaneder war ein talentierter Theaterunternehmer. Er wusste, was das Publikum sehen wollte, dafür hatte er das Theater an der Wieden und dafür die richtigen Leute in seiner Werkstatt. Zum Beispiel Liedermacher Christoph Martin Wieland und natürlich Wolfgang Amadeus Mozart, dessen „Die Zauberflöte“ nur ein Teil der Schikaneder-Reihe ist. Vor Mozarts Singspiel, das heute als einzigartiges Meisterwerk gilt, gab es Paul Warnitzkys „Oberon“, es gab auch einen „Stein der Weisen“, an dem Mozart mitkomponierte. Ausschnitte aus dieser Musiktheaterfabrik hat Rüdiger Lotter nun mit der Münchner Hofkapelle unter dem Titel „Zauberoper“ eingespielt, Konstantin Krimmel singt so schön, „dass es ein Verrückter singen könnte“. So beschrieb Mozart seine eigenen Melodien – Massengeschmack serviert auf exquisitem Niveau (Alpha Classics). Eggert Thol

Source

Leave a Reply

Your email address will not be published.

In Verbindung stehende Artikel

Back to top button