
Ist jemand zu Hause? Hinter der Glastür ist es ärgerlich dunkel. Drinnen, wo normalerweise Tickets verkauft werden, steht ein altes Fahrrad vor einer Plane, Kabel hängen von der Decke, und ein Streifen Einlagestoff zieht sich quer durch den düsteren Flur. Hätte es kein Banner am Rand der Hauptstraße gegeben, wären die Leute wahrscheinlich an dieser Stelle umgedreht – eindeutig falsches Datum, falscher Ort; Container und Bauzäune stehen draußen, Baumaterialien stapeln sich drinnen am Eingang. Aber die Glastür lässt sich öffnen. Und hinter der nächsten Tür wird tatsächlich um Punkte gekämpft. Schon beim Öffnen ertönen die ersten Schreie: TSV Schwabhausen vs. ESV Weil, ein Kellerspiel in der ersten Tischtennis-Bundesliga der Damen. Genau wie es das Banner in der Stadt versprochen hat.
Natürlich könnte man an der Glastür ein Schild anbringen, zum Beispiel „Willkommen in der Bundesliga“, aber vor diesem Hintergrund würde es unbewusst lächerlich wirken.
Es ist das erste Spiel für den Rest ihres Bestehens, daher ist es wohl übertrieben zu sagen, was am Sonntag in der kleinen Gemeinde Schwabhausen, nordwestlich von Dachau, auf uns zukommen wird. Das erste Bundesliga-Spiel nach der Tischtennis-Abteilung gab vor wenigen Tagen bekannt, dass sie im Sommer mit Profi-, Amateur- und Nachwuchsteams, Trainern, Fans und Roulette-Verkäufer alle ihre Mannschaften zum TSV Dachau 1865 verlegen werden. Die komplette Abteilung wird dann in einem Umzugskarton geliefert. Die benachbarte Kreisstadt, deren Volleyballer vom ASV einst Deutscher Meister waren, muss sich das nur noch ausrechnen, dann haben sie neben dem Pool-Billard-Team noch einen Erstligisten – und Schwabhausen ist keine Figur mehr.
Und warum? Zumindest nicht wegen dieser Baustelle, mit der sich die Abteilung monatelang auseinandersetzen musste. Es erleichtert nur den Abschied.
Hinter diesen Toren tobt noch immer ein Kampf um Punkte in der ersten Liga.
(Foto: Andreas Liebmann)
Ein Teil der Wahrheit liegt in der Pressemitteilung, die die beiden Vereine TSV Dachau von 1865 und TSV Schwabhausen von 1929 gemeinsam am 13. Wir sprechen von einem „vielversprechenden Kurs“, von einem „Synergieeffekt“ und von einer „ausreichenden infrastrukturellen Ausstattung“. In Dachau bedeutet das, dass Sie sich weiterentwickeln können. Wie Schwabhausens Abteilungsleiter Helmut Pfeil erklärt, seien die Menschen in Schwabhausen zunehmend „an ihrer Leistungsgrenze angekommen“.
Über den anderen Teil der Wahrheit wollen sie, zumindest aus Sicht der Athleten, nicht sprechen, denn es gehört natürlich viel Frust und Widrigkeiten dazu, dass eine ganze Abteilung so einen Schritt macht. Doch die Verantwortlichen wollen das Geschehene abschließen und blicken nach vorne: Die Unterschrift des Hauptklubs sei bereits beim Verband, sagt Pfeil, was laut Sportgesetz notwendig sei, um alle Mannschaften und Ligen nach Dachau transportieren zu können. Dachaus Liga ist ähnlich groß wie die eigene, neun Herrenmannschaften, zwei Jugendmannschaften, keine Damenmannschaft. „Wir würden mit unseren Leuten einen kleineren Verein aus der Nachbarschaft drehen“, erklärt Pfeil, aber alles soll sich zu etwas Großem aufbauen, mit Schwerpunkt Nachwuchsförderung. Seit Ostern wird darüber gesprochen.
1975 wurde die Tischtennisabteilung des TSV Schwabhausen gegründet. Der heutige Teamleiter Erich Dengler war damals schon dabei. Pfeil kam ein Jahr später, mit Unterbrechungen fast 35 Jahre, er war Abteilungsleiter, 26 Jahre Vereinschef, fast so lange wie Heinrich Loder, nach dem das Gymnasium benannt ist. Pfeil saß auch lange im Gemeinderat. 2015 sei er aus gesundheitlichen Gründen als Vorsitzender des TSV und des Gemeindevorstands zurückgetreten, sagt er. Wahrscheinlich war es nicht gut für die Gesundheit, ständig “mit Windmühlen zu kämpfen”. Schon damals ging es um die Popularisierung des Sports.
Es ist davon auszugehen, dass Pfeil und Dengler nicht leichtfertig nach Dachau ziehen werden mit all dem, was sie hier in fast 50 Jahren aus dem Nichts aufgebaut haben: einen Bundesligisten, dessen junge Spieler nationale und internationale Erfolge feiern. Gut möglich, dass man sich etwas mehr Wertschätzung erhofft hat, aber Pfeil sagt es nicht. Er behauptet, dass es mit der Unterstützung der Community im Laufe der Jahre schwieriger geworden ist. Und dass die Alternative wäre, alles auf sich beruhen zu lassen.
„Ein Team der Division One an einem so kleinen Ort zu haben, muss etwas Besonderes für sie sein.“
Eva-Maria Kovaču ist in diesem Verein aufgewachsen. Sie fing hier im Alter von sechs Jahren an und erreichte (ihr Name war damals Mayer) die erste Liga. Sie würde jetzt für einen Drittligisten spielen, wenn sie nicht schwanger wäre. Der 26-Jährige ist immer noch da, um zuzusehen. „Es ist traurig, dass wir diesen Schritt gehen müssen“, sagt sie. “Ich kann mir nicht einmal vorstellen, wie es ist, für einen anderen Verein zu spielen, aber ich unterstütze die Entscheidung voll und ganz.” Jeder, mit dem Sie an diesem Tag sprechen, sieht das so. Kavachu glaubt, dass die Menschen lange genug zugesehen haben, wie es immer schlimmer wurde, und dass sich die Situation mit dem Bau verschlechterte. Sie erzählt, wie sie Teller durch den Schlamm zu den Mülleimern nach draußen schieben mussten, wie Gegner es für einen Scherz hielten, als sie zugeben mussten, dass man hier leider nicht duschen könne. Die Toiletten und Duschen im gegenüberliegenden Vereinsgelände könnt ihr weiterhin benutzen – die Bäder und Umkleiden in der Halle sind geätzt. Im Sommer wurde die Halle komplett geschlossen, schon damals zog die Anlage nach Dachau um. Nächsten Sommer bleibt es wieder geschlossen.
Beim Um- und Ausbau der Halle äußert Pfeil Vorbehalte, denn auch wenn der Auftrag geändert wurde (erst Umbau bei laufendem Betrieb, dann Ausbau) und der Zeitplan nicht ganz eingehalten wird, ist das Projekt dennoch notwendig. Auch Tischtennis werde hier weitergehen, eine Breitensportgruppe sei geplant, und er habe sogar zugesagt, als Ressortleiter zu bleiben, sagt Pfeil.
Schwabhausen gewinnt Weil 6:4. Sie sind wichtige Punkte, um nicht zu tief in den Desktop-Keller zu rutschen. Und sie sorgen für einen wahren Krimi: Nationalspielerin Sabina Winter, die hier trainiert wurde, weißrussische Verteidigerin mit großem Kampfherz Alina Nikitchenko, sowie die Ungarn Mercedes Nagivaradi und Arsola Feher. Nicht zuletzt brauche es eine professionelle Mannschaft, um die teure Nachwuchsförderung zu finanzieren, erklärt Trainer Alexander Yahmed, “sie gehört uns.” Ein Argument, das sich wahrscheinlich nie durchgesetzt hat. Jetzt sieht er den Umzug als große Chance, mit drei Schulen in unmittelbarer Nähe noch mehr in der Jugendarbeit zu tun.
Auch Sabina Winter ist voller Zuversicht. Nummer eins spricht von einem neuen Abenteuer, vor dem sie keine Angst hat, denn all die guten Menschen, die sie über die Jahre hierher begleitet haben, gehen mit ihr. Bei der EM in München im Sommer brachte sie im Halbfinale eine ausverkaufte Rudy-Zedlmeier-Galle zum Kochen, jetzt steht sie in jenem Gebäude, offiziell vor 46 Zuschauern, und sagt: „Wenn da ist ein Erstligist auf so kleinem Raum, das sollte für ihn etwas Besonderes sein.”
Es ist auch ein Punkt, der viele hier enttäuscht hat, an dem niemand Schuld hat. Als Winter 2019 aus Colbertmoor zurückkehrte, versuchten sie einiges, um aus dem Familienalltag auszubrechen und Zuschauer anzulocken. Die Krone zerstörte alle Versuche. Jetzt spielen sie in ihrer Gemeinschaft von sechstausend fast hinter verschlossenen Türen.
Einer der Zuschauer am Sonntag ist Winfried Höser, Tischtennischef des TSV Dachau. Er nennt den knappen Sieg „sensationell“, und ja: Erklärtes Ziel für die Zukunft ist es, mehr als eine Handvoll Zuschauer nach Dachau zu holen. „Dagegen muss natürlich etwas getan werden, es reicht nicht, einen Zettel an die Tür zu hängen“, weiß er, aber bei 50.000 Einwohnern müsse doch etwas möglich sein. Das beabsichtigen sie ebenso wie die Weiterentwicklung der Jugendarbeit, für die sie nun versuchen, an sieben Tagen in der Woche Hallen zu organisieren: “Es gibt politische Bekundungen über den Wunsch, uns zu unterstützen.” Und so bleibt, auch wenn die Umrüstung der Halle notwendig war, das Bild unübersehbar: Die Kreisregierung rollt für das Schwabhausener Tischtennis-Projekt den roten Teppich aus – wo es zu Hause nur eine Vlieshülle gibt.