
Nein, er spielt nicht mit. Der Ford Mustang Mach-E GT kann weder auf der Döttinger Höhe noch an der Einfahrt zum Nürburgring in den Fahrmodus „Temperamental Plus“ geschaltet werden. Die Batterie ist randvoll und die Fahrbahn trocken. Aber der Temperatursensor sagt wohl dem Bordcomputer: jetzt ist nicht die Zeit für Rundenrekorde, fürs Fahren ohne elektronische Stabilitäts- und Traktionskontrolle. Bei Minusgraden, mitten auf der Eiffel. Rennstrecke oder nicht.
Wirklich schlecht. „Ungebändigt“ möchten wir den Mustang in seiner wildesten Version sehen. Denn was nützen 358 kW (487 PS) Antriebsleistung oder Brembo-Bremsen mit innenbelüfteten Scheiben, Sportsitze und „Supersportwagen“ (Ford) Beschleunigungswerte, wenn man sie nur bei sommerlichen Temperaturen genießen kann?
Saftiger Aufpreis für das GT-Paket
Immerhin kostet die allradgetriebene GT-Version des Elektro-Mustang fast 24.000 Euro mehr als die „gezähmte“ Version mit Hinterradantrieb, die nur 198 kW (269 PS) leistet. Und mindestens 9.000 Euro teurer als die allradgetriebene Premium-Version bei gleicher Batteriekapazität und 100 Kilowatt weniger Antriebsleistung. Beim Ampelstart übertrumpfen alle drei locker die Konkurrenz mit ordentlich Power und lautem Sound, wie wir bei der langen US-Tour mit „Mäkkie“ im Herbst gesehen haben.

Die GT-Version des Mustang Mach-E bringt fast 500 PS auf die Straße. Allerdings hat der sportliche Look seinen Preis.
Damals wurde uns der vollelektrische Mustang als komfortabler Cruiser mit ordentlicher Ladeleistung – für US-Verhältnisse – und einer Reichweite von 400 Kilometern vorgestellt. Der Mach-E konnte jedoch nicht schneller als 75 mph oder 120 km/h fahren. Auf deutschen Autobahnen gelten jedoch andere Spielregeln. Und sie sind versucht, den GT auf Streckenabschnitten ohne Geschwindigkeitsbegrenzung etwas stärker zu pushen. Immerhin ist die Exportversion auf nur 200 km/h limitiert – zu Hause sind es 114 mph bzw. 120 km/h. Um es vorwegzunehmen: Ja, es kommt Sportwagen-Feeling auf. Vor allem beim Einschalten des Soundgenerators, der künstliche Motor-(Verbrennungs-)Geräusche erzeugt.
Eine Reichweite von 490 Kilometern? Oh gut
Wundern Sie sich jedoch nicht, dass die Reichweitenanzeige schnell schrumpft – bei Verbrauchswerten von 27,3 kWh/100 Kilometer (bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt wohlgemerkt) bleiben von den vom Hersteller versprochenen 490 nur noch 315 Kilometer übrig. Immerhin fasst die Batterie im GT nicht mehr als 91 kWh, wie in der „Premium“-Version. Immerhin gibt der Bordcomputer Verbrauchswerte zuverlässig und auf Knopfdruck in schön aufbereiteter Form aus – hier wird man niemanden überraschen.

Die Steuerung der Hauptfunktionen im Ford Mustang Mach-E erfolgt ebenfalls über einen großen Touchscreen. Nach kurzer Eingewöhnungszeit in das Prinzip der Bedienung und Steuerung über das Menü gelingt dies überraschend einfach.
Das gilt übrigens auch für die Behandlung des in Mexiko gefertigten Elektroautos: Alle Teile unseres in „Grabber Blue“ lackierten Testwagens sind sauber verbaut. Und auch in der Kabine knirschte nichts, trotz des merklich stärkeren Fahrwerks. Das haben wir bereits auf unterschiedliche Weise bei Elektroautos europäischer Hersteller erlebt. Das gilt auch für die Ergonomie: Der Mustang braucht nur eine kurze Eingewöhnungszeit. Über das große zentrale Display lassen sich die wichtigsten Funktionen schnell finden, sodass das Elektrofahrzeug schnell auf die persönlichen Vorlieben des Fahrers eingestellt werden kann.
In den USA haben wir uns schnell mit dem intelligenten adaptive cruise control angefreundet. Das „BlueCruise“ genannte System ermöglichte stundenlanges Fahren auf der Autobahn – solange der Fahrer die Straße nicht aus den Augen ließ. Die Gesetzgebung hierzulande ist alles andere als großzügig – auf der Autobahn warnt Sie das System, nach nur wenigen Sekunden wieder die volle Kontrolle über das Fahrzeug zu erlangen.
Vollstreckung ist eine Anklage
Ansonsten zeigte sich der „Mäkkie“ GT trotz seiner beeindruckenden Ausstattung eher zahm. Sofern man nicht wild mit Lenkrad und Gaspedal spielt, bleibt der Mustang in der Spur. Tritt man jedoch zu stark aufs Gaspedal und der Untergrund ist locker, kann der Hinterbau ausbrechen – die 860 Nm Drehmoment wollen dann gebändigt werden.

Die Ladeleistung des Ford Mach-E GT ist überhaupt nicht sportlich und entspricht dem hohen Preis eines Elektroautos.
Allerdings war die Downloadgeschwindigkeit etwas enttäuschend. Für US-Verhältnisse sind 150 kW ein guter Wert – hierzulande sind für Autos dieser Preis- und Leistungsklasse Ladeleistungen weit über 200 kW beliebt – oder zumindest eine konstant hohe Ladeleistung. Der GT hingegen lädt am Schnelllader nur für wenige Minuten von knapp 150kW mit Gleichstrom – nur um dann schnell auf knapp über 100kW abzufallen und bei 50 Prozent Ladung nur noch Strom aus rund 70kW zu ziehen. Eine Ladepause kann locker fast eine Stunde dauern, bis der Akku wieder zu 80 Prozent geladen ist. Entschuldigung, für ein Auto im Wert von fast 90.000 € ist das eine Anklage,
Darren Palmer vom EDISON-Team, der bei Ford für Elektrofahrzeuge zuständig ist, hat uns im Oktober versprochen, Ladekapazität und Ladeleistung zu verbessern. Im neuen Jahr muss er das Thema schnell anpacken: Der Reiz des schnellen Beschleunigens verfliegt schnell im Alltagsverkehr.