Gedächtnisproblemen bei Epilepsie auf der Spur

Menschen mit Epilepsie haben oft Gedächtnisprobleme. Unter ihnen fällt es ihnen schwer, zwischen Bekanntem und Unbekanntem zu unterscheiden. Nun haben Forscher mithilfe von Experimenten mit Mäusen herausgefunden, welche Mechanismen dahinter stecken könnten. Dementsprechend werden bei Epilepsie bestimmte Zellen im Gehirn leicht stimuliert, sodass sie unspezifisch auf bekannte und unbekannte Reize reagieren. In einem Mausmodell konnten Forscher mit dem Medikament bereits Symptome reduzieren. Diese Erkenntnisse können auch neue Therapieansätze für menschliche Patienten liefern.

Jeder Ort, den wir besuchen, hat eine unverwechselbare Kombination von Merkmalen, die uns helfen, ihn bei einem erneuten Besuch wiederzuerkennen. Der Apfelbaum vor dem Haus, die Klinkerfassade, der rote Zaun – all das speichert unser Gehirn und verknüpft es mit diesem Ort. Aber bei Menschen mit Epilepsie ist diese Art von Gedächtnis gestört. Neben anderen Gedächtnisproblemen fällt es ihnen schwer, sich daran zu erinnern, ob sie einen Ort oder ein Objekt schon einmal gesehen haben. Während Wissenschaftler grundsätzlich davon ausgehen, dass sowohl strukturelle Veränderungen im Gehirn als auch die epileptischen Anfälle selbst zur Beeinträchtigung des Gedächtnisses beitragen, sind die genauen Mechanismen bislang wenig erforscht.

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Wie werden Orte erinnert?

Ein Team um Nicola Massala von der Universität Bonn hat nun untersucht, wie Reizverarbeitung und Gedächtnis im Gehirn von Ratten funktionieren, bei denen das Team künstlich Epilepsie ausgelöst hatte. Sie konzentrierten sich auf den Hippocampus, eine Region des Gehirns, die eine zentrale Rolle für das Gedächtnis spielt, einschließlich der räumlichen Erinnerung. „Im Hippocampus gibt es sogenannte Ortszellen“, erklärt Masala. “Diese Zellen helfen uns, uns an die Orte zu erinnern, die wir besucht haben.” Diese Standortzellen speichern bestimmte Merkmale eines besuchten Standorts. Wenn sie erneut durch dieselben Auslöser ausgelöst werden, sehen Sie diesen Ort vorher.

Jede Ortszelle hat viele lange Verlängerungen, Dendriten. Über mehrere Kontaktstellen, sogenannte Synapsen, an diesen Dendriten sammeln diese Gehirnzellen Informationen, die in Form von elektrischen Potentialen weitergegeben werden. Bei ausreichend starken Reizen öffnen sich Ionenkanäle, durch die positiv geladene Natrium-Ionen in die Zelle einströmen können. Die Berechnung von Informationen erfolgt über einen Prozess namens dendritische Integration: Nur wenn genügend viele Signale gleichzeitig empfangen werden, kann im Dendriten ein starker Spannungspuls erzeugt werden – ein sogenannter dendritischer Spike. Bildlich gesprochen erfolgt die Aktivierung in einem gesunden Gehirn nur dann, wenn Informationen über den Apfelbaum, die Ziegelmauer und den roten Zaun gleichzeitig empfangen werden.

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Mäuse mit Gedächtnisstörungen

„Allerdings ist dieser Prozess bei epileptischen Mäusen gestört“, erklärt Masalas Kollege Heinz Beck. „Bei ihnen treten bereits Spikes auf, wenn nur wenige Synapsen stimuliert werden. In den Experimenten der Forscher konnten epileptische Ratten nicht erkennen, ob sie einen Ort oder ein Objekt schon einmal gesehen hatten.

Dies zeigte sich unter anderem in einem Versuch, bei dem die Tiere zunächst daran gewöhnt wurden, dass es im selben Käfig zwei blaue Türen gibt. Nach einigen Tagen wurde einer der Deckel durch eine gleich große transparente Petrischale ersetzt. Um herauszufinden, ob die Ratten die Petrischale als neu erkannten, maßen Masala und seine Kollegen, wie lange die Ratten an dem vertrauten blauen Deckel und der unbekannten Petrischale schnupperten. Ergebnisse: Während Kontrollmäuse die Petrischale länger erkundeten als den blauen Deckel, machten die epileptischen Mäuse keinen Unterschied zwischen den beiden Objekten. Auch bei einem ähnlichen Test auf einem Laufband zeigten sie keine Anzeichen, vertraute Orte wiederzuerkennen.

Annäherung an Drogen

Um der Ursache auf den Grund zu gehen, beobachteten die Forscher mit fluoreszierenden Markern die Aktivierung von Nervenzellen im Mausgehirn. Nach Abschluss der Experimente wurden den Tieren auch die Köpfe abgeschnitten und ihre Gehirne untersucht. Masala und seine Kollegen fanden heraus, dass eine bestimmte Art von Natriumionenkanal viel häufiger als normal im Gehirn von epileptischen Mäusen vorhanden war. „So reichen schon wenige schwache Reize an Synapsen aus, um viele Kanäle zu öffnen und einen Spike auszulösen“, erklärt Masalas Kollege Tony Kelly.

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An einer Gruppe von Mäusen mit Epilepsie haben Forscher bereits getestet, wie Gedächtnisprobleme mit Medikamenten behandelt werden können. Dazu gaben sie den Tieren einen Hemmstoff, der gezielt den geschädigten Kanaltyp blockierte. „Dadurch normalisierte sich ihr dendritisches Feuerverhalten. Außerdem konnten sie sich besser an die Orte erinnern, die sie besucht hatten.“ Wenn bei Patienten mit Epilepsie ähnliche Mechanismen beteiligt sind, könnten die Erkenntnisse möglicherweise langfristige Auswirkungen auf die Herstellung von Medikamenten haben die helfen, das Gedächtnis der Betroffenen zu verbessern.

Quelle: Nicole Masala (Universität Bonn) et al., Brain, doi: 10.1093/brain/awac455

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