
29. November 2022

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Im Alter verringert der fortschreitende Verlust der Muskelfunktion des gesamten Körpers die Lebensqualität erheblich. Gleichzeitig steigt das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko der Opfer sowie die finanzielle Belastung des Gesundheitssystems. Ältere Menschen können sich diesen Prozessen jedoch aktiv widersetzen, wie eine neue Studie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rebrücke (DIfE) zeigt. Dass Sport und gezielte Ernährungsstrategien auch im Alter noch relevant und wirksam sind, bewiesen Doktorandin Ulrike Haas und ihr Team.
Der Anteil älterer Menschen in Deutschland nimmt stetig zu. Laut Statistischem Bundesamt ist etwa jede fünfte Person mindestens 65 Jahre alt. Der Anteil der über 80-Jährigen liegt bei etwa sieben Prozent. Es ist bekannt, dass die Muskelfunktion mit zunehmendem Alter abnimmt. Einer der Faktoren, die dazu beitragen, ist die sogenannte Entzündung*. Frühere Studien haben gezeigt, dass chronische Entzündungen den Proteinabbau fördern und Wachstumsfaktoren hemmen. Sie sind auch mit einer verminderten Muskelkraft und Muskelleistung bei älteren Erwachsenen verbunden. Eine verminderte Muskelleistung wiederum führt zu einer erhöhten Sturzanfälligkeit und letztlich zu einer erhöhten Morbidität und Mortalität.
Acht aktive Wochen
Um diesem Prozess entgegenzuwirken, untersuchten Ulrike Haas und ihr Team die Auswirkungen einer protein- und omega-3-reichen Ernährung in Kombination mit regelmäßiger körperlicher Aktivität auf die Muskelfunktion und Entzündungen bei älteren Erwachsenen. Vor diesem Hintergrund führten Wissenschaftler eine 8-wöchige randomisierte kontrollierte Studie mit gesunden 65- bis 85-Jährigen aus dem Raum Potsdam durch. Alle Teilnehmer erhielten ein Bewegungsprogramm bestehend aus angeleitetem Vibrationstraining und eigenständigen Kraftübungen zur Durchführung zu Hause.
Darüber hinaus wurden die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip einer von drei Ernährungsinterventionen zugeteilt. Die erste Gruppe erhöhte ihre tägliche Proteinaufnahme (1,2-1,5 g Protein pro kg Körpergewicht) mit einem Molkeprotein-Supplement und nahm täglich auch Omega-3-reiches Algenöl (2195 mg Omega-3-Fettsäuren) zu sich. Eine zweite Gruppe erhielt ebenfalls ein Wheyprotein-Supplement, aber kein Algenöl. Die dritte Gruppe diente als Kontrolle und setzte eine normale Ernährung ohne zusätzliche Nahrungsergänzungsmittel fort. Alle Probanden führten während des Interventionszeitraums Ernährungstagebücher und Bewegungstagebücher.
Die Teilnehmer kamen einmal pro Woche ins Trainingszentrum, um das Vibrationstraining zu absolvieren. Darüber hinaus machten sie dreimal pro Woche 45-minütige Übungen zu Hause, wie z. B. wiederholte Sit-Ups, Aufstehen von einem Stuhl und Bauchmuskelübungen. Es gab kleine wöchentliche Erhöhungen. Zu Beginn und am Ende der Studie wurden die Muskelfunktionalität und Muskelkraft der Teilnehmer mit verschiedenen Tests gemessen, z. d) der traditionelle und weit verbreitete Stehstuhltest. Insgesamt schlossen 32 Frauen und 29 Männer die Studie ab und wurden in die Endauswertung eingeschlossen.
Männer profitierten stärker
„Wir haben festgestellt, dass Vibrationstraining und Heimtraining in Kombination mit einer eiweiß- und omega-3-reichen Ernährung in unserer Forschungsgruppe die Muskelfunktion verbessert und Entzündungswerte reduziert, insbesondere bei Männern“, erklärt Ulrike Haas. Insgesamt erhöhte die proteinreiche Ernährung die Beinkraft und verbesserte die Zeiten während des Stuhl-Steh-Tests. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Sport- und Ernährungsstrategien auch im Alter noch relevant, umsetzbar und wirksam sind“, sagt Christina Norman, Leiterin Ernährung und Gerontologie des DIfE.
In zukünftigen Studien wollen Wissenschaftler mehr Licht in die molekularen Veränderungen der Skelettmuskulatur bringen. Außerdem wollen sie untersuchen, ob pflanzliche Proteine eine vergleichbare Wirkung wie das in dieser Studie verwendete Molkenprotein erzielen. Langfristig sollten auch ältere Erwachsene mit Typ-2-Diabetes mit diesem Studienprotokoll gescreent werden.
Für die hier vorgestellte Forschung erhielt Ulrike Haas von der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) eine Forschungsförderung in Höhe von 15.000 Euro.