
Warum 2023 das härteste Jahr für die Veranstaltungsbranche werden könnte


Zoe Wees, Sängerin beim X-Mas Special der Initiative „All Hands On Deck“ auf der Bühne des Restaurants „Bullerei“
Quelle: pa/dpa/Georg Wendt
Obwohl die Corona-Regeln aufgehoben wurden, ist die Kultur- und Veranstaltungsbranche am Limit. Auch bei gut besuchten Veranstaltungen kann es passieren, dass die Veranstalter große Verluste machen.
NNach zwei traurigen Corona-Jahren mit Quarantäne, geschlossenen Clubs und abgesagten Konzerten hofften viele Veranstalter und Bands auf 2022. Und tatsächlich gab es wieder viele Festivals, Konzerte und Tourneen. Gleichzeitig gab es aber immer wieder Absagen. Dafür gibt es viele Gründe: schlechter Vorverkauf, zu hohe Produktionskosten und Personalmangel.
Die Branche ist nach der zweijährigen Corona-Pause keineswegs zu alter Stärke zurückgekehrt, so die einhellige Meinung von Veranstaltern, Verantwortlichen und Verbänden. „Während der Pandemie dachten alle, wenn man die Türen wieder aufschließen dürfte, würde alles wild werden. Aber das ist nur teilweise passiert“, sagte etwa Frehn Hawel von der Karsten Jahnke Konzertdirektion in Hamburg.
„Das ist ein Riesenpaket, das alles fördert – außer Frivolität“
Veranstaltungen mit internationalen Megastars seien oft ausverkauft, fügt der Verband der Konzert- und Veranstaltungsindustrie hinzu. Für den Rest oder gar den absoluten Großteil des aktuellen Konzertangebots gelte dies jedoch nicht, sagte Verbandspräsident Jens Michow.
Denn viele Musikfans sind weniger bereit, Tickets zu kaufen. „Es ist im Moment eine schwierige Situation. Corona ist eigentlich noch nicht fertig. Langfristige Folgen sind steigende Preise und Krieg. Und das sorgt auf zu vielen Seiten für Verunsicherung“, sagt Frehn Hawel.
“Das ist ein Riesenpaket, das alles fördert – außer Sorglosigkeit.” Für viele Musiker und Bands läuft der Vorverkauf daher deutlich schlechter, als die Branche es gewohnt ist. „Vieles verschwindet bei der 20-Prozent-Marke, die Leute kaufen manchmal kurzfristig. Aber du weißt nicht, ob sie es auch wissen. Das macht die Planung einer Europatournee für viele Künstler extrem schwierig“, sagte Hawel.
Veranstaltungen werden oft abgesagt, wenn die Hallen halb voll sind. Für Bands, die sich ihr Publikum noch mit Live-Auftritten verdienen müssen, ist dies ein Platzregen. Denn sie sind auf Einnahmen aus Touren angewiesen. Ein Sprecher des Veranstalters Hawel: „Streaming-Dienste sind eher eine Visitenkarte, stellen aber für die meisten Darsteller keine nennenswerte Einnahmequelle dar.“
Allerdings lohnt es sich für sie in letzter Zeit immer weniger, auf Tour zu gehen – vor allem, wenn sie abgesagte Konzerte 2020 und 2021 nachholen. Dann kann es passieren, dass Sie, obwohl das Haus gut verkauft wurde, immer noch mit einem großen Verlust herauskommen.
Der Präsident des Vereins Michow: „Die Preise dieser Tickets wurden nach der Kostensituation 2019 kalkuliert. Wir alle wissen, wie dramatisch alle Kosten, insbesondere Servicekosten, seitdem gestiegen sind. Und das gilt nicht nur für das Personal, sondern für alle Veranstaltungskosten.“
“Die meisten Leute kommen nicht zurück”
Und es fehlt auch an Personal, was die Branche ebenfalls enorm ausbremst. Selbst ausverkaufte Konzerte würden abgesagt, weil jetzt einfach kein Personal mehr da sei, sagte die Hamburger Musikmanagerin Salome Agyekum. Viele Männer und Frauen, die vor, auf und hinter der Bühne gearbeitet haben, haben sich aufgrund der Corona-bedingten Unberechenbarkeit neue Jobs gesucht. “Die meisten Leute kommen nicht zurück”, sagte Agyekum. Vor wenigen Tagen half sie bei der Organisation eines kostenlosen Streaming-Benefizkonzerts „All Hands on Deck“ in Hamburg, um die Mängel aufzuzeigen.
Stars wie Clueso, Zoe Wees, Alvaro Soler, Jeanette Biedermann, Beatrice Egli, Lina und viele andere nutzten ihre Auftritte, um auf den enormen Nachwuchsmangel in der Branche aufmerksam zu machen. Daher werden dringend musikbegeisterte Menschen gesucht, die sich für diesen Beruf interessieren.
Da all diese vor allem durch die Corona-Pandemie verursachten Probleme auch in den kommenden Monaten relevant bleiben werden, erhofft sich die Branche nicht nur vorab bessere Umsätze und eine größere Mitarbeiterzahl. Auch staatliche Hilfen seien weiterhin wichtig, so Verbandspräsident Michow. „Leider sind viele Kulturveranstalter immer noch auf staatliche Hilfen angewiesen.
Bis 2019 hat sich die Branche nie um Fördergelder bemüht, jetzt wird sie sich ohne das 2021 geschaffene Förderprogramm New Start Culture für Live-Konzerte nicht so schnell erholen. Für 2023 erwartet Michow ein weiteres sehr schwieriges Jahr für die Kulturveranstaltungsbranche. “Wenn nicht das Schwierigste”.